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Von 
Kerstin Wilmans
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16
in
Transformation
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Ziel 16 „Frieden, Gerechtigkeit und gute Institutionen“ liegt mir besonders am Herzen

Ein Gespräch mit Dr. Maja Göpel zur Agenda 2030 und der Bedeutung von Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Ziel 16 „Frieden, Gerechtigkeit und gute Institutionen“ liegt mir besonders am Herzen

Mit der Agenda 2030 haben die Vereinten Nationen 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung formuliert, deren Umsetzung sie in allen 193 Mitgliedstaaten gleichermaßen anstreben. Welche der 17. Nachhaltigkeitsziele liegen Ihnen besonders am Herzen, Frau Dr. Göpel?

Ziel 16 zu „Frieden, Gerechtigkeit und guten Institutionen“ liegt mir besonders am Herzen. Es beinhaltet zentrale Grundlagen für Vertrauen in die Gesellschaft und damit für gutes, demokratisches Regieren. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir die anderen Ziele nicht nur erreichen, sondern auch für die Zukunft effektiv und in Anpassung an immer neue Herausforderungen sichern können.

Nachhaltigkeitsziel 4 fordert eine hochwertige Bildung für alle Menschen. Was bedeutet für Sie gute Bildung?

Gute Bildung bedeutet für mich die Einladung, den Dingen auf den Grund zu gehen und die Befähigung, mit diesen Einsichten zukünftige Realitäten mitzugestalten. Wir sind stark in einem instrumentellen Bildungsverständnis verhaftet, obwohl wir wissen, dass die Lösungen von heute nicht die von morgen sein können.

Die junge Generation sieht das häufig sehr klar. Ich werde nie die Diskussion im europäischen Parlament vergessen zur Initiative Youth on the Move. Die Kommission hat Maßnahmen zur Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit vorgestellt und dabei die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen ganz nach oben gestellt. Die „Anstellungsfähigkeit“ (employability) der Studenten solle erhöht werden.

Eine junge Frau meldete sich und erklärte, dass sie nicht ein Rädchen in zerstörerischen Maschinen werden wolle, sondern mit den Kompetenzen ausgestattet werden, die sie in Situationen des Chaos dazu befähigen, neue nachhaltige Lösungen mitzugestalten. Viele haben spontan applaudiert, nur der Kommissionsbeamte sah verstimmt aus. Da braucht es also noch Bildungsarbeit bei denen, die die Rahmenbedingungen setzen.

Das Global Goals Curriculum erforscht neue Formen des Lernens und Zusammenarbeitens. Das Ziel ist ein Curriculum, dass Menschen dazu befähigt, die globalen Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zu erreichen. In Schule, Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Schaffen wir das, Frau Dr. Göpel? Was brauchen wir dazu?

Wir werden die Nachhaltigkeitsziele, so wie sie aktuell formuliert sind, niemals erreichen können. Denn die Liste führt auch Mittel wie Wirtschaftswachstum als Ziele auf - besonders in den Unterzielen. Genau betrachtet ist Wachstum als Mittel aber nur dann einzusetzen, wenn es mehr Nutzen als Kosten bringt. Empirisch wissen wir inzwischen genau, dass dies bei Menschen mit guter Grundversorgung oft nicht der Fall ist.

Weiterer Zuwachs an materiellen Gütern und finanziellem Reichtum erhöht dann zwar weiter den ökologischen Fußabdruck, macht aber nicht zufriedener. Hohe Lebensqualität wiederum hängt dann von qualitativen Faktoren wie Gesundheit, guten sozialen Beziehungen, erfüllenden Tätigkeiten und Sicherheit ab.

In den OECD Ländern haben wir diese Lebensstandards etwa 1978 erreicht. Trotzdem stehen weiteres wirtschaftliches Wachstum und zunehmende Einkommen selbst für die reichsten Staaten und Menschen der Welt als Ziele auf einer Ebene mit der Abschaffung von Hunger und Armut und der Erhaltung der Ozeane, Wälder, Fruchtbarkeit der Böden und der Vermeidung des Klimawandels.

Ein Global Goals Curriculum sollte Menschen dazu befähigen, diese Widersprüche zu erkennen und kreativ an der Überwindung unökonomischer Wachstumsprozesse zu arbeiten. Dazu gehört für mich auch der Mut, von Banken, Konzernen, wie reichen Menschen einzuklagen, dass sie sich an die allgemein gültigen Spielregeln von Wirtschaften und Besteuerung halten. Dann wäre die Finanzierung von umweltverträglichen Programmen für die Energie- und Nahrungsversorgung der ärmsten Menschen umgehend möglich. Das Mittel Wachstum käme dort zum Einsatz, wo es zur Erreichung der sozialen Ziele auch gebraucht wird.

Zur Person

Dr. Maja Göpel ist Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen. Sie ist Transformationswissenschaftlerin und internationale Campaignerin für Nachhaltigkeit. Von 2008-2012 war sie die Direktorin Zukunftsgerechtigkeit des World Future Councils in Brüssel. Von 2013-2017 leitete sie das Berliner Büro des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie.

Das Interview führte Carola Ehrlich-Cypra im Rahmen der Konferenz Global Goals Curriculum 2016.

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